1808 – 1874
Der Frühling hat die jungen
Lebensfluten
Von neuem durch die alte Welt
ergossen;
Der Wald erwacht, die muntern
Buchen sprossen,
Kuckuck, der Schalk, hört
nimmer auf zu tuten.
Doch mitten unter all den
Wohlgemuten
Zeigt sich die Eiche düster
und verdrossen,
Die Knospen hält sie streng
noch eingeschlossen,
Hegt noch das braune Laub an
dürren Ruten.
Der eigensinnige Baum mit
seinen Knorren! –
Je nun, er ist der deutsche
Baum, so dächt ich;
Laßt mir den deutschen
Eichbaum unverworren.
Was dauern soll, kommt selten
übernächtig;
Wenn längst die frühen
Nachbarbäume dorren,
Steht Deutschland noch, die
Eiche, grün und mächtig.
1808 – 1874
Oft treibt es mich an hellen
Wintertagen
An deinem eh’rnen Bild
vorbeizugehen,
Dir in das strenge Angesicht
zu sehen,
Und jedesmal mit innigem
Behagen.
Wüßt’ einer nichts von dir,
doch müßt er sagen:
Das war ein Geist von
frischem, scharfem Wehen,
Dem konnten keine Nebel
wderstehen,
Und Wolken wußt’ er in die
Flucht zu jagen.
Ja, Wahrheit gabst du wieder deiner
Kunst,
Verschmähtest leerer Töne
süßen Tand,
Auf die Gefahr, der Menge zu
mißfallen:
Lessing der Oper; die durch
Göttergunst
Bald auch in Mozart ihren
Goethe fand:
Der Größte nicht doch
ehrenwert vor allen.
1808 – 1874
Das lust’ge Stück im Sinnbild
nachzuahmen,
Möcht ich mit dieser Feder
zeichnen können:
Dann setzt’ ich einen Bären,
leicht zu nennen,
Geneckt von Liebesgöttern, in
den Rahmen.
Erst tanzt der Bär, gleich
einem jener zahmen,
Nach einer Pfeife, die wir
alle kennen;
Dann sehn wir toll ihn hin und
wider rennen,
Dem Amors Bienenstiche
schlecht bekamen.
„Doch wie? du sprichst nur
immer von dem Bengel;
Soll nichts des treusten
Paares Liebe gelten?
Das Herz nicht gelten, das so feurig
klopfet?“
Gewiß, ich fühl’s: sie singen
wie die Engel;
Doch über alles geht mir –
mögt ihr schelten –
Der alte Türk’ – und nun sogar
bezopfet.
1808 – 1874
Auf, zu des Daseins Gipfeln
kühn hinan!
Wozu im Qualm der Niederungen
zagen?
Versuch’s, wie hoch dich deine
Flügel tragen,
Mein Geist, und mache dir
durch Wolken Bahn.
Wie? Hob mich zum Olymp ein
luft’ger Kahn?
Welch goldne Lichter seh’ ich
um mich tagen,
Und welch ein nie empfundenes
Behagen
Dringt, wie ein Aetherstrom,
auf mich heran?
Schon reisst ein sel’ger
Uebermut mich fort;
Hintanz’ ich unter Göttinnen
gereiht,
Vom Festgesang des Musenchors
begeistert.
Titanen seh’ ich in den Tiefen
dort,
Dumpf murren sie und drohen
neuen Streit:
Ein Wink von Zeus – und alles
ist bemeistert.